Wird jetzt alles vergessen werden? Die Diagnose Demenz bringt immer einen Schock mit sich. Was bedeutet die Krankheit? Welche Auswirkungen hat sie auf Betroffene und Angehörige? Was bringt die Zukunft? Diese Fragen stellen sich Erkrankte und ihre Lieben schnell.
Demenz ist nicht gleich Demenz
Dabei ist es wichtig, zwischen den verschiedenen Demenzarten zu unterscheiden. Denn es gibt insgesamt 50 verschiedene Arten der Krankheit. Während ein Großteil der Patienten unter der Alzheimer-Demenz oder der vaskulären Demenz leiden, ist die sogenannte frontotemporale Demenz seltener.
Diese Form zählt dennoch zu den primären Demenzerkrankungen und kann sich mit den beiden Hauptarten überschneiden. Doch im Gegensatz zu anderen Formen steht hier nicht das Vergessen im Vordergrund. Es ist schwieriger, denn Betroffene verändern ihr Verhalten oft auf unberechenbare Art und Weise. Was die frontotemporale Demenz ausmacht, erklären wir in den folgenden Zeilen.
Reizbar, lustlos und desinteressiert: Das können die Symptome sein!
Die frontotemporale Demenz hat ihren Namen aufgrund des krankheitsbedingten Absterbens von Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich – dem frontalen und temporalen Lappen. Dieser Gehirnbereich ist unter anderem für das Sozialverhalten und die Emotionen verantwortlich.
Daher äußert sich die Krankheit vor allem durch die Veränderung der Persönlichkeit und Auffälligkeiten bei Zwischenmenschlichem. Betroffene wirken oft zunächst „nur“ oberflächlich, sorglos, unbedacht und unkonzentriert.
Sie vernachlässigen ihre Pflichten und verlieren sogar das Interesse an der Familie oder dem Hobby. Erkrankte ziehen sich zurück und wirken teilweise sogar apathisch. Weitere Symptome sind unter anderem:
- Reizbarkeit
- Teilnahmslosigkeit
- Tatlosigkeit
- Enthemmung
- Aggressivität
- Sprachstörungen (Wortfindungsstörungen und Benennstörungen)
- später auch Beeinträchtigung des Gedächtnisses (weniger ausgeprägt)
- Inkontinenz und neurologische Störungen im fortgeschrittenen Stadium
- Bettlägerigkeit und völliger Pflegebedürftigkeit im Endstadium
Auch seltsame Rituale können ein Anzeichen dieser Krankheit sein. Manche Betroffene zeigen wiederholende Verhaltensweisen. Andere bekommen Heißhunger auf Süßes oder andere bestimmte Lebensmittel. Mit Fortschreiten der Krankheit kommen Betroffene immer schwerer im Alltag zurecht.
Diagnose erschwert: Selten und verwechselbar
Im Gegensatz zur Alzheimer-Demenz beginnt die frontotemporale Demenz häufig in jüngeren Jahren. Durchschnittlich erkranken Betroffene zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.
Aber auch schon Erkrankte in den 30er sind bekannt, ebenso wie manche Patienten erst später unter dieser Krankheit leiden. Von der Diagnose bis zum Versterben liegen durchschnittlich 8 Jahre. Die Krankheit ist deutlich seltener, sie macht rund drei bis neun Prozent aller Demenzerkrankungen aus.
Die Diagnose ist bei frontotemporaler Demenz meist schwierig. Da die Krankheit mit Verhaltensänderungen und Änderung der Persönlichkeit beginnt, wird zunächst meist etwas anderes als Demenz dahinter vermutet. Oft wird sie mit anderen Störungen wie Depression oder Burn-out verwechselt.
Behandlung: Symptome abmildern, ist das Ziel
Die schlechten Nachrichten vorweg: Es gibt einerseits keine gezielten Therapiemöglichkeiten, um den Krankheitsverlauf der frontotemporale Demenz zu beeinflussen. Medikamente, die bei der Alzheimer-Demenz eingesetzt werden, erzielen hier keine Wirkung. Andererseits zeigen viele Erkrankte wenig Krankheitseinsicht und sind auch selten motiviert, eine Behandlung anzutreten.
Aber es gibt auch gute Nachrichten. Mittels Medikamenten können die Verhaltensauffälligkeiten therapiert werden. Das geschieht zumeist mit serotonerge Antidepressiva, die den Patienten mehr Ausgeglichenheit schenken und auch den Antrieb wieder steigern. Zusätzlich dazu können kreative Therapien und körperliche Betätigung die Verhaltensauffälligkeiten verbessern.
Aktivitätstherapien helfen: der Spaziergang hier, die Musikdarbietung dort. Tanz und Kunst sind weitere kreative Elemente, die gefühlsorientiert sind. Sport ist ebenfalls in vielen Fällen hilfreich.
Unterschätzt: Angehörige von Erkrankten leiden mit
Oft sind es gerade die Angehörigen von Patienten mit frontotemporaler Demenz, die es besonders schwer haben. Denn es fehlt nicht nur an der eigenen Einsicht des Betroffenen, dass er krank ist, auch der Umgang mit den unberechenbaren Verhaltensweisen ist meist für Angehörige schwierig.
Betroffene können aggressiv werden, zeigen ein enthemmtes Verhalten, ihnen fehlt es an Empathie oder auch an Interesse. Das bricht so manchem Lieben schnell das Herz.
Auch ist die Krankheit längst nicht so bekannt in Pflegeeinrichtungen und bei Medizinern. Angehörige sollten sich daher ebenfalls Hilfe holen. In Deutschland gibt es ca. 30 Gruppen, in denen sich Angehörige austauschen, deren Lieben unter dieser Krankheit leiden. Eine Übersicht bietet die deutsche Alzheimer Gesellschaft.